Der 6.11.2010-Ein regnerischer Herbstmorgen. Im Allgemeinen sieht es düster aus, nicht nur bezogen auf’s Wetter! Einer Technologie die eigentlich der Vergangenheit angehört und angehören sollte wird eine 2. Chance gegeben. Natürlich dank der Atompolotik der schwarz-gelben Bundesregierung, beziehungsweise der Atomkonzerne. Wer kann das heute schon genau sagen. Die Grenzen zwischen Regierung und Atomlobby verschwimmen.
Doch es regt sich Widerstand, sowohl verfassungsrechtlicher Ebene, als auch auf der Straße. Oder eben auch auf der Schiene. Mal schauen wie lange der Castor durch Schottern und Sitzblockaden aufgehalten werden kann.
Nun, dank unserer professionellen und effektiven Organisation an der ich selbst nicht ganz unschuldig bin, fahre ich ohne andere Leute von der GJ-GS. Stattdessen fahre ich mit einer Freundin in deren Bus noch ein Platz frei geworden war.
10.15-Der Bus fährt jetzt seit einer Stunde. Das Wetter bessert sich nicht, wir fahren durch den Regen. Ich unterhalte mich mit einer Grünen aus Salzgitter.
11.20-Der Bus passiert das Dannenberger Ortsschild. Der Regen hat aufgehört, doch immer noch ist alles grau in grau.Eine unbehagliche Atmosphäre.
In Dannenberg, einer sonst eher verschlafenen Kleinstadt pulsiert das Leben. Überall sind rote Sonnen zu sehen, Polizei ist kaum wahrnehmbar. Über Feldwege geht es Richtung Demonstrationsort.
11.35-Der Bus hält. Wir gehen den Rest der Strecke. Es fängt wieder an zu regnen. Auf mich treffen Steffen und einige andere der GJ aus Gifhorn. Er bekräftigt uns Goslarer besuchen zu wollen. Seine Ortsgruppe steigt mit der Forderung den Atommüll im Kanzleramt zu lagern in den Ring. Auch sich solidarisch zeigende S21-Gegner sind zu sehen. Ein langer Menschenzug bewegt sich Richtung Demonstrationsort. Die Polizei fliegt mit Hubschraubern über uns hinweg. Es hört auf zu regnen. Man hört Trillerpfeifen, Getrommel auf „Atomfässern“ und Trommeln. Man sieht viele Grünen- und Grüne Jugend-Fahnen, aber natürlich dominiert die rote Sonne. Eine einzelne SPD-Fahne flattert einsam im Wind. Man sieht das Feld, hunderte Traktoren stehen herum, unzählige Menschen sind zu sehen.
12.20-Ich betrete das Feld. Alte Leute, junge Leute. Das gelbe X, Symbol des Protestes gegen die Castor-Transporte, ist fast genauso präsent wie die rote Sonne auf gelben Grund. Viel kreativer Protest. Eine Gruppe mit Merkel-, Westerwelle- und Roettgen-Masken verteilt Bananen an die Demonstranten und verkündet: „RWE kauft Politik-Deutschland Bananenrepublik!“ Viele Reden, Aufkleber und Zeitungen werden verteilt. Das Bündnis x-tausendmal quer wirbt für die Blockade des Castors.
12.55-Der Castor wird durch über 1200 Menschen an der deutsch-französischen Grenze blockiert. Das Hauptprogramm fängt an. Der Himmel klart auf, die Sonne schaut raus.
13.20-Der Greenpeace-Chef Kumi Naidoo hält eine Rede. Darin fordert er das Merkel unter anderem auf Gorleben als, nach politischer Willkür bestimmten und wissenschaftlich nicht begründbaren, Endlagerstandort aufzugeben und eine ergebnissoffene Endlagersuche zu beginnen. Zudem fordert er am Atomausstieg festzuhalten. Seine Rede schließt er mit den Worten „Ick bin ein Wendländer“. Das Gelände füllt sich immer mehr. Alle möglichen Organisationen sind präsent.
13.50-„Reiner von vielen“ bieten eine Musikeinlage. Coole Musik die für gute Stimmung sorgt! Man erfährt, dass über 600 Traktoren an der Demo teilnehmen
14.30-In der Schlange für Anti-Atom-Waffe(l)n stehend und mich umdrehend erblicke ich meine Cousine aus Hamburg. Netter Zufall.
15.20-Es werden noch immer mehr Leute. Der Himmel wird dunkler. Die Essensstände sind dank mindestens 20 Meter langer Warteschlangen nicht erreichbar. Daher: Hunger…:(
Erstaunlich wenig Polizei bei der Großdemo, nur ab und an fliegen Hubschrauber über uns hinüber. Anscheinend sind die Polizisten schon bei den Blockadecamps.
15.25-Die ersten offiziellen Zahlen. Wahnsinn! 50000 Menschen demonstrieren im Wendland.
Der Castor hat die Grenze passiert. Er musste umgeleitet werden, die Blockade an der Grenze war anscheinend nicht aufzulösen.
15.45-Ich gehe zurück in Richtung Bus. Das Feld ist voller Menschen.
Die Polizei tritt auf. Einige Hundertschaften in voller Montur stehen am Ausgang auf der Straße, gucken böse. Gerüchteweise haben Linksautonome Steine aus der Straße entfernt, angeblich ist in der Straßenmitte ein großes Loch. Merkwürdig. Die Straße ist doch geteert!
Die Polizisten lassen die Demonstranten unter gelegentlichem Schubsen passieren. 100 Meter weiter stehen 2 kleine Kinder mit „Atomkraft ist Moppelkotze“-Schildern. Süß. Recht haben sie!
Aus der Ferne hört man Sätze wie „Mit Gorleben kommen sie nicht durch!“. Es fängt an zu dämmern.
16.50- Ich sitze im Bus. Müde. Erschöpft. Hungrig. Wie lange der Castor wohl noch aufgehalten werden kann? Jedenfalls haben Zehntausende gezeigt dass sie sich die schwarz-gelbe Atompolitik nicht gefallen lassen.
17.10-Der Bus fährt los. Wir kommen nur meterweise voran, da uns hunderte und aberhunderte Demonstranten entgegenkommen.
Es wird dunkel.